[ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ] .Und wie sehr hattest du dir eingebildet, daß wieder einerauftauche ! Tagelang hattest du einen gesucht, weil du dirsagtest, wo ein Kakerlak ist, wird auch ein zweiter sein,kein Tier lebt allein, aber du hattest nichts gefunden, au-ßer länglichen Kügelchen, die Exkremente von Mäusenzu sein schienen.Unnötig zu sagen, daß dich das sehraufgeregt hatte, daß du liebend gern eine Maus gehabt130hättest, lieber als einen Kakerlaken.Mäuse sind intelli-gent, hübsch, leicht zu zähmen.Aber auch diese Hoff-nung war bald geschwunden: es handelte sich nicht umExkremente einer Maus, sondern um die einer Spinne.Aber keine Spinne war da.Nein, es gab einfach nichtsLebendiges in dieser Zelle.Stille herrschte, sonst nichts.Natürlich, wenn sie dir ein Buch oder eine Zeitung ge-geben hätten, hätte das Lesen dir geholfen, dein Gehirnin Schwung zu halten, wenigstens mit den geschriebe-nen Worten ein Zwiegespräch zu halten: aber das Verbotblieb bestehen, nährte das Schweigen, die Monotonie, dieLangeweile.Die Langeweile ! Wenn man eingesperrt istmit nichts anderem als einem stinkenden Kübel, ist auchdas Nichtstun eine Folter, eine Minute wird zu hundertJahren, man verliert den Zeitsinn.Du konntest die Zeit nicht mehr berechnen.Du hat-test keine Uhr, man hatte sie dir nach der Verhaftungnicht mehr zurückgegeben, und manchmal wußtest dunicht mehr, ob es Vormittag oder Nachmittag war.Im-merzu fragtest du dich: wieviel Uhr mag es sein ? Beider ESA hattest du dich das nie gefragt, und es war dirganz gleichgültig, wenn man dir sagte, es sei neun Uhrvormittags oder fünf Uhr nachmittags, auch währenddes Prozesses fragtest du dich nie danach.Und auch aufÄgina nicht, außer wenn es Nacht war & In Boiati aberverzehrtest du dich in der Begierde, die Zeit zu wissen,und sie sagten dir kein Wort, diese Schweine.»Wie spätist es ?« Schweigen.»Antworte mir, wie spät ?« Schwei-gen.Als ob man ihnen die Zunge herausgeschnitten131hätte.Aber das Allerschlimmste war etwas anderes: duhattest auch die Berechnung der Tage, der Wochen, derMonate verloren.Während der ersten Woche hattest dubei Eintritt der Dunkelheit ein Zeichen auf die Tür ge-macht, aber beim achten Zeichen warst du krank gewor-den, hattest kein Zeichen mehr eingekratzt.»WelchenTag haben wir ? Welchen Monat ?« Schweigen.Vergeb-lich gerietest du in Wut und schriest: »Sag es mir, umGottes willen, was kostet dich das ? !« Schweigen.Als dudir in den Kopf gesetzt hattest, daß mindestens drei Mo-nate vergangen sein mußten, entdecktest du durch rei-nen Zufall, daß nur einer vergangen war, nicht mehr.Eswar der Tag, an dem sie dich zum erstenmal herauslie-ßen.»Komm raus, Panagoulis, raus !« »Was ist ? Was istlos ?« »Ein Besuch.« »Von wem ?« »Du wirst schonsehen.« Halb geblendet von der Sonne und taumelnd vorSchwäche gelangtest du ins Sprechzimmer.Wenn es dei-ne Mutter wäre ? Da, war sie, mit dem Sonntagsmantel,dem turbanartigen Hütchen, wie eine festlich gekleideteBauersfrau.Aber warum begrüßte sie dich nicht ? Wa-rum schaute sie nach der anderen Seite ? Du tratst an dasTrennungsgitter, um sie anzurufen, aber die Rührungschnürte dir die Kehle zu, und die Lippen bewegten sichnicht.Du hustetest.Sie wandte sich um, schaute dich ei-nen Augenblick gleichgültig an und wandte sich wiederzur anderen Seite.Nach einigen Sekunden fragte sie zor-nig den Wachhabenden: »Kommt er nun oder nicht ?« »Er ist ja schon da, sehen Sie ihn nicht ?« Ihre Pupillenstreiften erneut über dich hinweg.Sie suchten jemanden,der da sein sollte und nicht da war: dieses weiße Skelett132mit den dunklen Augenhöhlen und den Handschellenan den klapperdürren Gelenken ähnelte dir nicht ein-mal in den Umrissen.»Nein, wo ist er ?« Du brachtest mitdünner Stimme die Worte hervor: »Hier bin ich.« Undsogleich erschütterte ein Schrei den Raum: »Ihr Mörder !Was habt ihr mit ihm gemacht, ihr Mörder !« Du hättestnie geglaubt, daß deine Mutter weinen könnte: nie hat-test du eine Träne an ihren Wimpern gesehen.Jetzt aberweinte sie, und es dauerte geraume Zeit, ehe sie sich be-ruhigt hatte und redete und dir ins Gedächtnis rief, wieschön es ist, die Stimme der anderen zu hören.Gewiß,sie hatte dir so vieles zu sagen: auch sie war verhaftetworden, zusammen mit deinem Vater, wußtest du das ?Man hatte sie am 24.November wieder freigelassen, undihm ging es nicht gut, diese hundertdrei Tage der Quä-lerei hatten ihm den Kopf verwirrt, aber du solltest dirkeine Sorgen machen, es ging schon besser.Er wußte üb-rigens nicht, daß du eingesperrt warst.Wußte nicht ein-mal, daß man dir einen Prozeß gemacht hatte, sie hieltes vor ihm geheim.Was die Todesstrafe anbelangte, diewar ausgesetzt worden.Ja, sie blieb wohl drei Jahre langbestehen, aber alle meinten, daß, dem Joannidis zumTrotz, Papadopoulos dich nicht erschießen lassen wür-de: man sprach zu viel über dich in Europa, du warst einSymbol geworden, alle führten deinen Namen im Mund.Deshalb nämlich hatte man ihr endlich erlaubt, dich zubesuchen, und heute vormittag hatte Patsourakos sogargestattet, daß sie dir Essen mitbrachte.Um so mehr, weilübermorgen & Du unterbrachst sie: »Was für ein Tag istheute ?« »Du weißt nicht, was für ein Tag ist ? Der 23.133Dezember ! Übermorgen ist Weihnachten !« »Weih-nachten ? Bedeutet das, daß ich erst seit einem Monathier bin ?« »Ja, gewiß, ja & «Nach dieser Entdeckung, nach diesem Trauma war es,daß du au egehrtest: nein, es konnte nicht so weiterge-hen.Ein Mensch kann nicht leben, ohne zumindest sichüber die Zeit klar zu sein.Wozu sollten Mäuse- oder Spin-nenkügelchen nutzen: man mußte fliehen.Und einstwei-len eine menschliche Behandlung fordern.Du verlang-test eine Pritsche, zum Donnerwetter, eine Uhr, einenanständigen Abort und jeden Morgen die Zeitung.Unddu verlangtest, daß man mit dir spräche
[ Pobierz całość w formacie PDF ] zanotowane.pldoc.pisz.plpdf.pisz.plmikr.xlx.pl
|